Die Weggesperrten. Umerziehung in der DDR – Schicksale von Kindern und Jugendlichen

Ein wichtiges Sachbuch von Grit Poppe und Niklas Poppe

Die Potsdamer Autorin Grit Poppe hat zahlreiche bekannte Romane geschrieben, in denen sie sich mit der Situation von Kindern und Jugendlichen beschäftigt, die in der DDR in Kinderheimen und Jugendwerkhöfen weggesperrt wurden, wo sie zu sogenannten sozialistischen Persönlichkeiten erzogen werden sollten.

Für ihr Buch „Weggesperrt“ erhielt die Schriftstellerin den „Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendliteratur“. Der Jugendroman ist Pflichtlektüre für die Klassenstufen 8 bis 10.

Und ganz neu: Für den Roman „Verraten“ bekam sie im Oktober 2021 den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis.

Wer sich über ihre zahlreichen Bücher und aktuelle Lesungen informieren möchte, kann ihre Website besuchen.

www.grit-poppe.de

Jetzt kam das erste Sachbuch dieser Autorin auf den Markt, das in Zusammenarbeit mit ihrem Sohn Niklas Poppe entstanden ist.

Das über 400 Seiten starke Werk wurde im Oktober 2021 vom Propyläen Verlag herausgegeben. Titel: „Die Weggesperrten. Umerziehung in der DDR – Schicksale von Kindern und Jugendlichen“.

Die grausamen Strafen und zahlreichen Demütigungen, das ganze Ausmaß an Gewalt und Machtmissbrauch, das die Jugendlichen damals in diesen Einrichtungen erfahren mussten, wird mit großer Eindringlichkeit geschildert.

Die Schicksale gehen unter die Haut.

Erst werden die Örtlichkeiten vorgestellt und die wichtigsten Vorgänge und Rituale der Einrichtung beschrieben, im Anschluss gibt es zu jeder Station authentische Berichte ehemaliger „Insassen“.

Die ergreifenden Dokumente ehemaliger „Zöglinge“ wurden von der Autorin Grit Poppe und dem Historiker Niklas Poppe durch weitere Berichte und Schicksale ergänzt, die sich ebenfalls mit physischer und emotionaler Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Jugendfürsorge und anderen Heimen befassen.

So runden die Jugendkonzentrationslager im Nationalsozialismus, die Not sogenannter Verdingkinder in der Schweiz, die „braune Pädagogik“ im Jugendfürsorgeheim Glückstadt und der Haasenburg-Skandal im Land Brandenburg das Bild ab.

Nicht zuletzt wurde auch der Heimerziehung in kirchlichen Einrichtungen der damaligen DDR ein Kapitel gewidmet. In diesem Zusammenhang wurde mein Buch „Klosterkind: Meine Mutter brachte mich ins Waisenhaus“ genannt. Ein Kapitel daraus ist im Buch „Die Weggesperrten“ abgedruckt; es geht hier um das von den Nonnen verteufelte vielfältige sündhafte Verhalten, dem wir Klosterkinder natürlich unbedingt fernzubleiben hatten.

Ich erinnere mich noch genau, dass ich damals eigentlich gar nicht so recht wusste, was das überhaupt ist: eine Sünde. Wie einfach, wie schnell und wie oft gerade so ein ahnungsloses, unwissendes Kind dann plötzlich ausgerechnet eine solche Sünde begehen kann, ist sicher nachzuvollziehen. Doch bestraft wurden wir trotzdem. Denn Unwissenheit schützt ja bekanntlich nicht vor Strafe!

„Die Weggesperrten“ – ein wichtiges und sehr interessantes Buch, das ich empfehlen möchte.

Und eine gute Gelegenheit, um auch mal wieder auf mein Memoir „Klosterkind. Meine Mutter brachte mich ins Waisenhaus“ aufmerksam zu machen.

Erhältlich bei Amazon zum aktuellen Preis von 3,99 € sowie kostenfrei für alle Kindle-Unlimited-Mitglieder.

Leseprobe aus „Kindheitshölle: Vom Stiefvater verprügelt und missbraucht“, Teil 2 zu „Kindheitshölle: Vom Vater verprügelt und missbraucht“

Die Ich-Erzählerin Susanne K. lässt uns in nachfolgendem Textausschnitt an ihren Empfindungen und Gedanken teilhaben, die sie hatte, als sich ihr Stiefvater der Achtjährigen zum ersten Mal in einer verstörenden, nicht zu tolerierenden Weise näherte …

Ausschnitt aus dem 5. Kapitel:

… Helmut Hiller setzte sich auf die Bettkante, was mir nun doch recht bekannt vorkam. So hatte es damals beim Papa ja auch begonnen …

„So, Susi, nun wollen wir endlich mal damit anfangen, dafür zu sorgen, dass aus dir ein ordentliches junges Mädchen wird. Du bist zwar jetzt noch ein Kind, aber man kann damit nicht früh genug starten.“

Ich starrte ihn stumm an, denn mit dieser Bemerkung konnte ich wenig anfangen. Dass sich dahinter aber höchstwahrscheinlich nichts Gutes verbergen würde, konnte ich mir aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit meinem Vater und mittlerweile auch mit diesem Stiefvater schon denken.

Mein neuer Vater stand auf und zog mir die Bettdecke vom Körper. Ich lag auf dem Rücken und trug ein Nachthemd, das mir bis knapp über die Knie reichte.

„So, Susi“, wiederholte er mit seiner leisen, weich klingenden Stimme. „Und nun zieh mal das Hemd aus, jetzt will ich mal kontrollieren, ob du auch überall schön sauber bist.“ Er sah mich an. „Wenn deine Geschwister dabei sind, können wir das schließlich nicht erledigen. Das gehört sich nicht. Thommie und Manu sind ja doch noch recht klein. Aber du bist ja unsere Große, nicht wahr?“, meinte er gönnerhaft.

Ich sagte noch immer nichts, zog mir aber doch lieber rasch mein Hemd aus, Prügel wollte ich deswegen nicht riskieren.

„Sehr schön“, sagte mein Stiefvater sanft. „Und nun spreize mal deine Beine ganz weit auseinander. Ich muss nämlich nachsehen, ob du deine Muschi auch wirklich richtig gründlich gewaschen hast.“

Muschi wurde das Loch zwischen meinen Beinen genannt, mit dem pullerte ich. Frauen und Mädchen hatten eine Muschi, Männer und Jungen hatten einen Puller oder einen Piepel. Diese Begriffe hatte ich auf der Dorfstraße aufgeschnappt, meine Cousinen und Cousins redeten auch so. Zu Hause dagegen wurde eigentlich kaum über „so etwas“ gesprochen. Unsere Mutter bezeichnete das alles zum Beispiel stets nur als „untenrum“. Aber der Stief sprach so, wie ich es auch kannte.

Und nun wollte er also meine Muschi kontrollieren. Ich glaubte ihm kein Wort. Natürlich nicht. Helmut Hiller konnte ja nicht wissen, was sich in genau diesem kleinen Zimmer in exakt diesem Bett bisher schon alles ereignet hatte.

Wortlos spreizte ich meine Beine, und dann musste ich es mir gefallen lassen, dass mein neuer Vater mit seinen Fingern meine Muschi weiter öffnete, außen herumrieb und innen herumstocherte. Es war unangenehm, es kratzte, es drückte, es piekte, es tat auch weh, aber das alles war bei Weitem nicht so schlimm wie meine plötzliche Erkenntnis, dass ES offenbar nun schon wieder losging: dieses seltsame, dieses schreckliche, eigentlich unbeschreibliche ES! Dieses Ekelhafte, Grauenhafte, Schmerzhafte, das mir augenscheinlich immer wieder von irgendwelchen Männern angetan wurde: erst Papa, dann Herr Dressler und jetzt wohl auch der Stief.

Mein Stiefvater beschäftigte sich sehr ausführlich mit meinem Körper, nach der Muschi war der Hintern dran. Ich musste mich auf den Bauch legen, anschließend bohrte Helmuts Zeigefinger in meinem Po-Loch herum, als wenn eine solche Handlung die normalste Sache der Welt wäre. Dass ich hin und wieder unterdrückt „Aua!“ rief und irgendwann anfing, leise vor mich hin zu wimmern und unterdrückt zu schluchzen, schien ihn nicht weiter zu stören.

„Das wird schon noch“, sagte er bloß. Diesen Satz wiederholte er an diesem und an vielen anderen Abenden immer wieder. „Das wird schon noch!“ Der Satz begleitete sein widerliches Treiben in so mancher Nacht, die er in meinem Zimmer, in meinem Bett, war. Immer dann, wenn ich weinte, wenn ich ihn anflehte, aufzuhören, wenn ich ihn bat, mich in Ruhe zu lassen, wenn ich unter heftigem Schluchzen hervorstieß, mir doch bitte nicht wehzutun, immer dann sagte er garantiert diese vier Worte: „Das wird schon noch.“

Manchmal, wenn ich die Augen schließe und mich darauf konzentriere, dann höre ich noch heute seine unerträglich sanfte, leise Stimme. Und ich rieche plötzlich auch sein Rasierwasser, ich mochte den Geruch bis zum Schluss nicht. Es stank irgendwie medizinisch, nach Kampfer, glaube ich. Das Zeug hieß „Pitralon“.

Dann spüre ich in Gedanken Helmut Hillers Hände auf meinem Körper, Hände, die meist kalt waren und oft unangenehm feucht. Und ich höre wie aus der Ferne wieder einmal diesen Satz: „Das wird schon noch!“ …