Der lange Weg zu meinem Buch „Klosterkind: Meine Mutter brachte mich ins Waisenhaus“

Von der Schwierigkeit, traumatische Kindheitserlebnisse aufzuschreiben, und warum man es trotzdem machen sollte

Nachdem ich im Auftrag von Frau S. einen umfangreichen Erlebnisbericht über ihren jahrelangen sexuellen Missbrauch in der Kindheit verfasst und bei Amazon veröffentlicht hatte, meldeten sich anschließend für mich völlig überraschend weitere Frauen bei mir, die ebenfalls Opfer sexueller Übergriffe und anderer seelischer und körperlicher Gewalttaten waren. Nach vielen Interviews und Gesprächen mit diesen Frauen reifte in mir der Gedanke, mein persönliches Schicksal, meine eigenen Kindheitserinnerungen ebenfalls aufzuschreiben und ein Buch daraus zu machen.

Ich wurde im Alter von vier Jahren in einem katholischen Waisenhaus abgegeben, wo ich knapp zwei Jahre bleiben musste. Durch die gewalttätige Behandlung der Nonnen einerseits und die Tatsache andererseits, dass mich dieser unfreiwillige Aufenthalt dort total verunsichert hatte, was das Verhältnis zu meiner Familie anbetraf, nahm meine kindliche Psyche Schaden. Zeit meines Lebens litt ich unter einem posttraumatischen Belastungssyndrom mit verschiedenen Auswirkungen. Auch darauf gehe ich in meinem Memoir „Klosterkind: Meine Mutter brachte mich ins Waisenhaus“ ausführlich ein.

Erst durch eine viele Monate andauernde Psychotherapie im Erwachsenenalter gelang es mir, meinem Alltag endlich die für ein zufriedenes Leben erforderliche Normalität zu geben. Es war ein anstrengender Prozess, den ich Betroffenen dennoch ausdrücklich empfehlen möchte, auch wenn ich mir darüber im Klaren bin, dass nicht jede Patientin mit ihrer Therapeutin so ein Glück haben dürfte, wie es mir vergönnt war. Und ich habe auch schon häufig gehört, dass so manche Therapie das erwünschte Ergebnis leider nicht gebracht hat. Und trotzdem: Man sollte es wenigstens versuchen! Ich denke, man kann gewinnen, auch wenn ein Sieg nicht garantiert ist. Doch wenn man es gar nicht erst versucht, dann hat man eigentlich schon verloren.

Doch zurück zu meinem Schicksalsbericht …

Ich war fest entschlossen, meine belastenden Kindheitserlebnisse endlich aufzuschreiben.

Nachdem ich mich entschlossen hatte, meine belastenden Kindheitserlebnisse in eine schriftliche Form bis hin zum E-Book zu bringen, begann ich mit dem Erinnern, dem Recherchieren, dem Sammeln und Sortieren aller Ergebnisse, dem Ordnen und Strukturieren und endlich auch dem Aufschreiben meiner Erinnerungen.

Es war schwieriger, als ich es erwartet hatte. Das hätte ich nicht gedacht, zumal ich ja selbst mittlerweile seit knapp zehn Jahren autobiografisches Schreiben unterrichte. Außerdem hatte bis zu diesem Zeitpunkt bereits 19 teils sehr umfangreiche biografische Texte im Auftrag von Privatpersonen verfasst. Und nun, in meinem 20. Text, sozusagen meinem Jubiläumsmemoir, sollte es doch nur um mein eigenes Leben gehen! Ich musste keine stundenlangen Interviews führen, keine Nachfragen stellen, keine fremden Unterlagen mit möglicherweise sogar schwer lesbaren Handschriften sichten und auch nicht –zig Fotos begutachten, um eine geeignete Auswahl treffen zu können. Ich musste kein fremdes Leben schriftlich fixieren, strukturieren, lektorieren, es sollten doch lediglich ein paar Jahre meiner Kindheit näher beleuchtet werden. Das Ganze würde somit bestimmt nicht besonders schwierig sein, das hatte ich mir zumindest so vorgestellt. Doch das sollte sich als Irrtum herausstellen.

Zwar konnte ich bald feststellen, dass ich mich außerordentlich gut an alles erinnern konnte, sogar Details fielen mir wieder ein, die ich offenbar viele Jahre verdrängt hatte. Auch bereitete es mir keine Schwierigkeiten, das Ganze chronologisch aufzubauen und verständlich zu erzählen, schließlich hatte ich ja bereits über viele Jahre Erfahrungen mit den unterschiedlichsten biografischen Texten gemacht.

Ich hätte nie gedacht, dass es so schwer sein kann, seine eigenen traurigen Kinderjahre als Erwachsene reflektieren zu müssen.

Doch ich hatte nicht damit gerechnet, dass mich meine Kindheitserlebnisse, die schließlich Jahrzehnte zurücklagen, dermaßen berühren und aus dem seelischen Gleichgewicht bringen würden. Immer wieder musste ich eine Schreibpause einlegen. Und ich musste mich oft richtiggehend zwingen, mich stets aufs Neue an den Computer zu setzen und weiter zu schreiben, nicht aufzugeben.

Als ich endlich die Kinderzeit, die ich im katholischen Waisenheim verbracht hatte, so lückenlos, wie es mir möglich war, aufgezeichnet hatte, musste ich den Text erneut zur Seite legen – und dieses Mal sogar für einen längeren Zeitraum. Denn nun wollte ich ja die Folgen aufzeichnen, die Folgen des Klosteraufenthaltes für mein Leben als Jugendliche, als erwachsene Frau. Denn die vielen Monate im St. Josefsheim Birkenwerder und auch die nachfolgende Zeit mit zahlreichen autoritären Einflüssen, mit Gedankenlosigkeiten, herzlosen Oberflächlichkeiten haben mich schwer traumatisiert, schwerer, als ich es je zuvor hatte wahrhaben wollen. Ich hatte viele schwarze Flecken auf der Seele, ich funktionierte nicht so, wie es sich die Menschen in meiner Umgebung so vorstellten, und wie ich es selbst von mir erwartet hatte.

Und nun fand ich es schwierig, all das aufzuschreiben, was sich im Nachhinein als Scheitern, als vergebliches Versuchen, als schmerzhaftes Hinfallen und schwerfallendes Wiederaufstehen zeigte.

Eigene traumatische Erlebnisse aufzuschreiben, ist nicht unbedingt einfach, aber es ist sehr lohnenswert.

Ich kann es nur jedem ans Herz legen, sich erzählend mit seinen ganz persönlichen düsteren Jahren zu beschäftigen. Schreiben hilft, auch und besonders bei traumatischen Erlebnissen, aber man muss es selbst wollen! Hören Sie nicht auf sicher gut gemeinte Ratschläge, wenn Sie selbst das Gefühl haben, nicht wirklich dazu bereit zu sein. Lassen Sie sich nicht drängen, Sie müssen den Impuls zum Erinnern- und Erzählenwollen selbst spüren!

Es ist nicht leicht, aber es kann sehr hilfreich sein. Ich habe den Schreibprozess als reinigend, als Ordnung schaffend empfunden. Und als ich das letzte traurige Kapitel abgeschlossen hatte, hatte ich einen freundlicheren und zufriedeneren Blick auf mein Hier und Heute. So habe ich es erlebt. Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich mich viel eher schreibend um meine Vergangenheit gekümmert. Doch nun, wo ich weiß, wo ich erfahren habe, wie stark es hilft, Schlimmes, Grausames, Trauriges aus der eigenen Vergangenheit aufzuschreiben, zu ordnen und zu reflektieren, nun werde ich wohl auch noch andere schwierige Zeitabschnitte meines vergangenen Lebens erzählend näher beleuchten wollen.

Über das Bestseller-Ranking meines E-Books „Klosterkind: Meine Mutter brachte mich ins Waisenhaus“ freue ich mich natürlich sehr!

Doch jetzt bin ich erst mal stolz, dass ich es schon mal geschafft habe, mein Buch „Klosterkind: Meine Mutter brachte mich ins Waisenhaus“ abschließen zu können. Und ich bin auch nicht wenig stolz darauf, dass dieses E-Book seit Juni 2019 ohne Unterbrechung eine Spitzenposition in Amazons Bestseller-Kategorie Frauenbiografien einnimmt. Viele Monate war es sogar Bestseller Nummer 1. Und das alles, ohne dass ich bisher irgendeine preisliche Marketingmaßnahme starten musste. Denn das E-Book ist nach wie vor für 4,99 € erhältlich, aber man kann es natürlich auch kostenfrei über Kindle Unlimited lesen, wovon die Leserschaft sehr regen Gebrauch macht.

Sollte ich das „Klosterkind“ vorübergehend zu einem günstigeren Sonderpreis vermarkten, so werden es meine Blog-Besucher natürlich als Erste erfahren. Schauen Sie also vorsichtshalber immer mal hier rein!

2 Antworten auf „Der lange Weg zu meinem Buch „Klosterkind: Meine Mutter brachte mich ins Waisenhaus““

Schreibe einen Kommentar